Verzeih mir!

Wieder einmal mehr zwingst du mich in die Knie. Du zwingst mich hinzusehen, hinzuhören und vor allen Dingen hinzuspüren. Wieder einmal hab ich dir nicht zugehört, bin über deine Grenzen gegangen und hab mich nicht dafür interessiert. Wieder einmal mehr dachte ich, dass ich der Stärkere bin, dass ich die Zügel in der Hand habe und dass du letztendlich doch nach meiner Pfeife tanzen musst. Wieder einmal mehr hab ich Lippenbekenntnisse abgegeben und mir eingeredet, dass ich sorgsamer mit dir umgehe, auf Signale und sanfte Hinweise achte und dementsprechend reagiere. Manches Mal mag das sogar zutreffen, wenngleich eher selten und meist auch erst nachdem du mir eine „freundliche“ Erinnerung schickst. Denn ich bin äußerst vergesslich was das anbelangt.

Das hindert mich allerdings nicht daran anderen unentwegt tolle Ratschläge zu erteilen, wie sie liebevoll mit ihren Körpern umzugehen haben, dass sie zuhören und ihnen Aufmerksamkeit schenken sollen. Ach, wie einfach kommen solche Tipps und schlauen Sprüche doch über die Lippen, wenn sie für andere bestimmt sind. „Du musst besser auf deinen Körper achten, ihm Pausen gönnen und ihm Aufmerksamkeit schenken! Sei lieb zu ihm.“ Jaja bei anderen geht das. Bei anderen kann ich schlaue Sprüche klopfen, betrifft ja schließlich nicht mich und mein Leben. Ich kann so weiter machen wie bisher. Außerdem bin ich mittlerweile viel bewusster und sorgsamer im Umgang mit dir.

Das müsste doch ausreichend sein oder etwa nicht? Mit welcher Arroganz ich doch bis gestern noch vor dir stand und mir dachte, dass ich so gut auf dich achte und dass du nun wirklich keinerlei Grund mehr zur Klage hast. Ich bin ja so viel netter und fürsorglicher als früher. Ich futtere viel weniger Schmerztabletten, esse bewusster und regelmäßiger, ich mach weniger Sport bzw. gönne ich dir Pausen und sogar Massagen. Du kannst dich also wirklich nicht beklagen, im Vergleich zu früher.

Und gestern dann auf einmal dieser unsagbare Schmerz und das während ich jogge. Welch ungünstiger Zeitpunkt, um mir Schmerzen zu schicken. Ich laufe also weiter, warum auch nicht. Es hört bestimmt gleich wieder auf. Ich laufe weiter. Noch ein Stich, noch einer und dann kann ich kaum noch atmen. Aber ich laufe weiter. Warum auch nicht? Ich will jetzt laufen. Ich WILL LAUFEN. Was interessiert es mich, was du willst. Und dann geht es nicht mehr. Ich kann nicht mehr weiterlaufen, ich kann kaum noch gehen.

Und dann wird es mir klar. Ich habe verloren. Du hast gewonnen. Wieder einmal mehr habe ich gegen dich verloren. Und mit Tränen in den Augen begreife ich, dass ich immer noch gegen dich kämpfe. Und wieder einmal mehr bleibt mir nichts anderes übrig, als mich demütig vor dich zu stellen und um Verzeihung zu bitten. Ich habe wieder einmal nicht auf dich gehört. Wieder einmal wurdest du mit Forderungen und Beschwerden überhäuft und wieder einmal vergaß ich einfach dankbar für dich zu sein. Danke, dass du es mit mir aushältst und entschuldige, dass du wieder einmal schreien musstest, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen.

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